Es wird viel über die Vorratsdatenspeicherung diskutiert, viele Argumente für und wider ausgetauscht.

Vorratsdatenspeicherung bedeutet, dass die Anbieter von Kommunikationsdiensten (Internet, Festnetz, Mobilfunk, EMail, Foren) verpflichtet werden, die Kommunikation der Teilnehmer zu protokollieren, um im Nachhinein für Ermittlungsbehörden nachvollziehbar zu machen, wer wann auf welchem Wege mit wem kommuniziert hat.

Welches Potenzial in solchen Informationen steckt, hat der Grüne Politiker Malte Spitz in der ZEIT beeindruckend dokumentiert.  

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Aus diesem Grund hat das Bundesverfassungsgericht auch die erste Version des Gesetzes zur VDS für Verfassungswidrig erklärt.

Bei CSI & Co finden wir es beeindruckend, wie die High-Tech-Cops den Bösewichten auf die Spur kommen, indem sie ihre Spuren in elektronischen Medien verfolgen. Doch das ist natürlich nur eine idealisierte Sichtweise. In der Praxis sieht es anders aus.

Natürlich speichern die Telekom-Anbieter auch heute Daten. Einmal werden die zu Abrechnungszwecken benötigt, zum anderen auch zur Fehleranalyse. Auf diese Daten greifen Ermittlungsbehörden schon heute in großer Zahl zu.

Es ist immer eine Gratwanderung zwischen dem Wunsch, Straftaten aufzuklären, und dem Wunsch, anonym durch die Welt zu gehen. Anders als in virtuellen Welten wie Second Life gibt es in der Kohlenstoffwelt eben keine Wolke mit dem Namen über dem Kopf, keine Möglichkeit, per Rechtsklick auf die Person mal einen Blick ins Profil zu werfen.

Aber genau das kann durch die Telekommunikationsdaten auch rückwirkend gemacht werden. Feststellen, wer wann wo war und mit wem kommuniziert hat. Und auch ohne eine gesetzlich vorgeschriebene Vorratsdatenspeicherung kann alleine mit den aus (abrechnungs-)technischen Gründen gespeicherten Daten schon Missbrauch betrieben werden.

Nehmen wir die Vorfälle in Dresden. Während einer Demo nebst Gegendemo kam es zu kleineren Rangeleien. Ich war selber schon auf genügend Demos, um beurteilen zu können, dass eine Anti-Rechts-Demo, die einen Naziaufmarsch verhindern soll, bei 17.000 Teilnehmern immer zu kleineren Rangeleien kommt. Die Ermittlungsbehörden nutzten die Daten der Mobilfunknetze, um alle während der Demo aktiven Handies in mehreren Stadtteilen Dresdens festzustellen und aus zunächst eingeräumten „138.000 Handy-Daten“ zu ermitteln, welche der 17.000 Demoteilnehmer gewalttäig wurden.

Das muss man sich bildlich vorstellen: Um am Ende 400 Gewaltverdächtige unter den 17.000 Demotielnehmern ermitteln zu können (von denen wieder nur ein Bruchteil eine Tat begangen hatten) wurden der Polizei die Verbindungsdaten aller Mobilfunkbenutzer in mehreren Stadtteilen ausgehändigt, also nach einigen (zugegeben: großzügigen) Schätzungen die Daten von bis zu 250.000 Personen.

Noch krasser ist das Verhältnis bei Anschlägen auf Bundeswehrfahrzeuge – in Dresden. Einer der Brandsätze war ein Blindgänger und das verwendete Material konnte einer bestimmten Baumarktkette zugeordnet werden. 162.000 Kassenbelege des Baumarts wurden mit den Inhabern aller zum Tatzeitpunkt in der Dresdner Neustadt eingeschalteten Handies abgeglichen. 

Man wird also dank Datenanalysetechniken heute schon zum Ziel von Ermittlungen, wenn man in einem Baumarkt eingekauft hat oder ein Handy besitzt!

Auch, wenn die aktuellen abgeschwächten Vorschläge zur VDS eine solche Rasterfahndung unmöglich machen, ist die VDS nicht akzeptabel. Sie zu erlauben ist ein Dammbruch. Nichts anderes. Die heute definierten Einschränkungen werden verwässern. Ich erinnere in dieser Hinsicht gerne an Tucholskys Text „Was wäre, wenn…

Was wir alle tun können: Die Petition gegen die VDS unterzeichnen. Und zwar noch heute. 

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