Bullet E 288MX und Courier V.34+ aussöhnen
Modems gibt’s, die verstehen sich einfach nicht. So zum Beispiel das verbreitete Courier von US Robotics und das Bullett von E-Tech. Manchmal kriegen die beiden keine Verbindung zustande – es sei denn, man sucht die Ursache und beseitigt sie.
Lange schon gibt es in der Telekommunikation keine übergeordnete Stelle, die die Einhaltung von Standards gewährleistet – das Bundesamt für Zulassungen sorgt sich vorwiegend um das Wohl des Telefonnetzes. Unverträglichkeiten und Risiken – wiewohl sie in der Praxis selten sind – trägt der Anwender.
E-Techs Bullet E 288MX verständigt sich meist gut mit anderen Modems und erreicht auch auf Leitungen minderer Qualität hohe Datendurchsätze[1]. Selbst auf einer antiken analogen Leitung mit mechanischen Drehhubwählern in der Vermittlung schafft es etwa mit einem Aceex-Modem Connect-Raten von zumindest 26 400 Bit/s. Aber zu den Courier-Modems bekommen manche Bullet-Eigner keine Verbindung.
Mißklänge
Wenn man die V.34-Features beim Bullet-Modem desaktiviert, kommen wenigstens V.32-Verbindungen zustande. Dies läßt sich übrigens nicht über AT-Kommando erreichen. Man muß die Schnittstellengeschwindigkeit auf 9600 Bit/s herunterschalten. Wer kein »altes« 14 400er Modem mehr hat, kann so behelfsmäßig Daten übertragen. Der höhere Einkaufspreis für das Bullet rentiert sich aber nicht.
Einige Versuchsreihen zeigten, daß derartige Probleme fast nur in Kombination von Bullet- und Courier-Modems – und – mit alten Vermittlungen auftreten. Wenn beide Gegenstellen in einem Ortsnetz sind, etwa in Düsseldorf, hilft es, wenn das Bullet-Modem die Rufnummer inklusive Ortsvorwahl wählt. Auch diese Verbindung berechnet die Telekom zum Ortstarif, aber man nutzt bessere Leitungen und Verstärker, die eigentlich für Intercity-Verbindungen sorgen.
Auch erledigt sich das Problem nach der Umstellung auf eine digitale Vermittlung. Letztere liefert ebenfalls bessere Leitungen (z. B. ist der Signal-Rauschabstand höher). Man erkennt sie daran, daß sie neben der Puls- auch die Tonwahl akzeptiert. Bis Ende 1997 will die Telekom alle ihre Vermittlungen digitalisiert haben. Man kann die Umstellung jedoch oft mit einem Antrag auf Einzelgebührennachweis beschleunigen, denn letzteren beherrschen nur digitale Vermittlungen. Da die Telekom den Anschluß dann auf eine »unzuständige« Vermittlung legt (Fremdanschaltung) kriegt man allerdings eine neue Rufnummer.
Wer seinen Telefonanschluß auf ISDN umstellt, hat sich des Problems auch entledigt. Bullet-Modems, die über eine Tk-Anlage oder einen a/b-Adapter am ISDN angeschlossen sind, erreichen auch mit Courier-Modems 28 800er Verbindungen.
Ursachen
Die Symptome weisen die Schuld scheinbar der mancherorts schlechten Qualität der Telekom-Leitungen zu. Selbst wenn das der einzige Grund wäre, eine Reklamation wäre aussichtslos. Der rosa Riese garantiert im analogen Netz keine Verbindungen über 2400 Bit/s hinaus.
Tatsächlich handelt es sich um zwei Ursachen, und die zweite läßt sich auch abstellen. Man muß beim Courier-Modem das S-Register 56.7 auf »1« stellen (also in einem beliebigen Terminal-Programm AT56.7=1 tippen). Damit wird beim Courier das V.FC-Verfahren abgeschaltet. V.FC ist ein fast ausgestorbener Pseudo-Standard. Da nach der V.34-Standardisierung die weitaus meisten V.FC-Modems auf V.34 aufgerüstet wurden, braucht man ihn nicht mehr.
Bei einer detaillierten Analyse kommt heraus, daß der Handshake der zweite Stolperstein ist.
Dazu ein Ausflug in die Grundlagen des Modem-Verbindungsaufbaus: Allen Modem-Standards gemein ist der Antwortton. Das angerufene Modem hebt ab und sendet ein hohes Pfeifen (2100 Hz, vier Sekunden lang). Wenn die auf Satelliten- und Funkstrecken eingebauten Echosperren abzuschalten sind, wird alle 450 ms die Phase gedreht, denn sonst würden die Echosperren einen Vollduplexbetrieb als Rückkopplung auffassen und sabotieren.
Nach dem Ende dieses Tons kommt der Handshake (300 Baud), der im wesentlichen in der ITU-Empfehlung V.21 beschrieben ist. Dabei wird zunächst der Antwortton gesendet und dann der Originate-Träger erwartet. In späteren Standards wurde dies abwärtskompatibel ausgeweitet.
Der Antwortton soll Echosperren abschalten und ist innerorts überflüssig. Ein antwortendes V.34-Modem beginnt den V.8-Handshake schon während des Antworttons – indem es auf letzteren eine Frequenz von 15 Hz aufmoduliert – und spart so Zeit. Wenn das anrufende Gerät den 15-Hz-Ton verifiziert hat, »zwitschert« es dem Gegenüber mittels eines 300-Baud-Trägers dessen Fähigkeiten vor. Mit dem Ende des Antworttons kommt oft schon der Connect, bis zu 5 Sekunden früher als bei V.32(bis).
Mit einem einfachen »Oszilloskop« – ein Wave-Editor (GoldWave), ein Mikrofon und eine Sound-Karte – lassen sich die Vorgänge visualisieren. Die wegen der beschränkten Bildschirmauflösung fast auf die Hüllkurve reduzierten Schwingungen sind Aufnahmen eines ZyXEL- und eines Courier-Modems.
Die erste Kurve stellt zu Beginn den ZyXEL-Antwortton dar. Die 15-Hz-Modulation ist in der wellenförmigen Hüllkurve erkennbar. Alle 450 ms zeigen kurze Spitzen die Phasendrehung an. Der Antwortton dauert etwas länger als viereinhalb Sekunden. Nach der Unterbrechung folgt automatisch der V.32-Handshake, wenn der Anrufer bis dahin das V.8-Angebot nicht annimmt. Wer hätte das gedacht – Handshake-Arien auf ZyXEL – und auf US-Robotics-Art.
Der Antwortton des Courier dauert dagegen nur 3,2 Sekunden. Weiterhin überlagert ihn rund 2,1 Sekunden lang das V.FC-Rauschen. Erst danach ist der Antwortton isoliert. Modems, die das V.8-Angebot wegen schlechter Leitung und der Überlagerung nicht erkennen, haben nach dem Rauschen rund 1,1 Sekunden Zeit, die 15 Hz zu verifizieren und den V.8-Handshake fortzusetzen – für das Bullet wohl zu kurz.
Das Courier hat dann schon auf V.32-Handshake geschaltet und ignoriert die V.8-Avánce. Kurz danach gebietet der in Register S7 (Carrier Timeout) abgelegte Wert Auflegen. Wenn man beim Courier das V.FC wie geschildert abschaltet, dann ist das Rauschen und auch das Problem fort. (dz)