Vor 1 1/2 Wochen bloggte ich über einen Anruf der Firma Primacall bei mir. Der mir wieder einfiel, als der Streit von Primacall mit Spreeblick wieder aktuell wurde: Heute war wieder ein Gerichtstermin.
Primacall reagierte auch auf meinen Beitrag mit einer Löschaufforderung. Mit der möchte ich mich jetzt befassen.
Aus Blogs und Zeitungen sind wir gewohnt, dass die einfache Löschanforderung schon seit Jahren von der Abmahnung, die Abmahnung von der „Einstweiligen“ abgelöst wurden. Die Kanzlei ADVOVOX bemängelte in ihrer Löschungsaufforderung insgesamt vier Aussagen im Blogbeitrag:
- Primacall führe Cold Calls durch
Stimmt, ob das so ist kann ich im Moment weder beweisen noch widerlegen. Eine Aussage, ob der Anruf bei mir ein Cold Call war, wird folgen. - Primacall habe absurde bis lächerliche Forderungen an Spreeblick gestellt
Ok, das ist sehr wertend. Ob Primacall sich „lediglich um eine gütige Einigung“ bemüht hat, mag jeder selber anhand der Text im Spreeblick beurteilen. - Primacall arbeite nach wie vor auf die im Spreeblick-Beitrag von 2007 beschriebene Weise.
Bezogen auf einige Details des Anrufablaufs stimmt das durchaus, wie ich im überarbeiteten Beitrag demnächst beschreiben (und belegen) werde. Bezogen auf das Durchführen von Cold Calls jedoch: Siehe oben. - Die Aussage, meine Daten stammten aus einem Gewinnspiel, seien nicht vorgeschoben gewesen.
Auch hier warte ich auf die Antwort meiner T5F-Anfrage (hier nochmal als RTF-File zur individuellen Anpassung)
Alles in allem ein überraschend (und erfreulich) sachliches Schreiben, das hoffen lässt, dass der Streit zwischen Primacall und Spreeblick auch mal endet.
Einen Nachsatz hat die unterzeichnende Josefine Pilz noch gegeben – ich fragte den Anrufer ja, ob meine Telefonnummer so richtig mit einem doppelten Opt-In geprüft wurde.
Frau Rechtsanwältin Pilz ist der Ansicht, dass ein doppelter Opt-In bei Telefonreklame unmöglich sei.
Und das ist der Punkt, wo der Hund auch begraben liegt.
Reklame per Mail zu verschicken oder oder per Telefon zu tätigen ist heutzutage und in Deutschland nur erlaubt, wenn der Empfänger dem Absender das erlaubt. Erlauben muss man es vor dem Anruf oder der Mail (klar, gell?).
Wenn es um Abmahnungen und Internet geht, kommt man kaum um den kürzlich verstorbenen Günter Freiherr v. Gravenreuth herum. Er hat einge Zeit für Nachrichten und Blogbeiträge gesorgt, weil er den von ihm nicht erlaubten Versand von Newslettern (die letztlich auch einen Werbecharakter haben) abgemahnt hat.
In vielen Fällen bekam er die Newsletter tatsächlich, weil sie beim Absender über ein Webformular bestellt waren. So etwas nennt man Opt-In und es ist der Gegensatz zum Opt-Out, wo man den Newsletter einfach mal an alle möglichen Adressen verschickt und einen Link einbaut, mit dem er schnell wieder abbestellt werden kann.
Dieser „einfache Opt-In“ durch ein Webformular hat jedoch einen Pferdefuß: Der Newsletterversender weiss nur, dass irgendjemand den Newsletter für einer bestimmten Mailadresse angefordert hat. Ob es in diesen Fällen wirklich der Freiherr selbst war, der den Newsletter anforderte, oder jemand, der ihn ärgern wollte, weiss er nicht. So ist bei Menschen, die im Netz kontrovers diskutiert werden, die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass sie Opfer von Scherzkeksen werden, die sie mit Newslettern oder gar Plastik-Vaginas „beglücken“.
Ich muss Freiherr von Gravenreuth daher sogar Recht geben: Ein solcher „einfacher Opt-In“ ist nicht ausreichend, um als Werbender nachzuweisen, dass eine bestimmte Person einen Newsletter bestellt hat. Daher wurde der „doppelte Opt-In“ üblich. Bei diesem Verfahren wird an die Mailadresse des potenziellen Empfängers eine EMail ohne werbenden Inhalt geschickt, in der ein Bestätigungslink enthalten war. Würde der nicht geklickt würde der Newsletter nicht versandt. Es ist zudem unerheblich, ob der Empfänger wirklich die vorgegebene Person ist. Der Zugriff auf das angegebene Postfach ist zum Anklicken des Bestätigungslinks erforderlich, das reicht.
Bei einem Opt-In für Telefonreklame ist das mit dem „doppelten Opt-In“ natürlich anders: Um zu überprüfen, ob die Telefonnummer wirklich der Person „gehört“, die die Einwilligung zur Telefonreklame gibt, hilft es wenig, eine Bestätigungsmail zu versenden.
Vielmehr müsste ein Bestätigunganruf getätigt werden. Dazu benötigt man beispielsweise einen – sicherlich nicht billigen – Computer, der die Anrufe tätigt und per Tastendruck oder Spracherkennung verifiziert, ob der Angerufene wirklich mit Reklameanrufen einverstanden ist. Alternativ kann man auch ein Callcenter beauftragen – beides teuer und aufwändig. Zudem ist eine EMail zur zeitversetzten Kommunikation ideal, ein Telefonanruf nicht.
Wird das Gewinnspiel, in dessen Rahmen die Reklameeinwilligung erteilt wird, beispielsweise vom Arbeitsplatz aus durchgeführt, ist die Rufnummer zu Hause natürlich nicht bzw. nicht mit dem Gewinnspielteilnehmer besetzt. Telefonanrufe sind in diesem Zusammenhang nicht zur zeitversetzten Kommunikation geeignet, jedenfalls werden nur die wenigsten eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter beantworten, um dadurch ihre Einwilligung für Werbeanrufe zu geben… wiederholte Versuche, um den Teilnehmer persönlich zu erreichen, sind erforderlich.
Aber – um es deutlich zu sagen – der Opt-In ist möglich, wenngleich mehr als unwirtschaftlich.
In der Praxis muss der Reklametreibene nachweisen, dass er eine Einwilligung hat – es ist dem Angerufenen schließlich unmöglich, nachzuweisen, dass es nicht so ist. Ich kann schließlich auch nicht nachweisen, dass ich heute kein Ufo gesehen habe.
Ein einfacher Opt-In hat meiner Meinung nach immer nur den Chrarakter einer Behauptung – denn ein Nachweis, dass zwischen der Reklamezusage und der Mailadresse oder Telefonnummer ein echter Zusammenhang besteht, ist kaum möglich.
Update:
Wie Udo Vetter im Lawblog berichtet, ist der BGH derselben Ansicht. Insbesondere muss der Anrufer (in diesem Fall die AOK) sich nicht nur darauf berufen, dass man irgendwann mal irgendwo mit einem Haken Werbeanrufen zugestimmt habe, sondern diese Anruferlaubnis vorliegen haben.