Jetzt hat HP ihn anscheinend rausgeworfen, den Léo Apotheker. Wie ich meine war das vorherzusehen. Und zwar schon, als er zum CEO berufen wurde.
Neulich, nach dem Wahldebakel der FDP in Berlin, wurde Philipp Rösler von einem Journalisten gefragt, ob er, als Dr. med, nicht als Wirtschafts- und Technologieminister am falschen Platz säße. Nein, erwiderte er, auf dem Posten des Ministers käme es vorwiegend auf Führungsqualitäten an.
Das mag seine Meinung sein. Doch Minister führen nicht nur. Sie geben auch Richtlinien vor, nach denen ihre Zuarbeiter auf den verschiedensten Ebenen Entscheidungsvorlagen erstellen. Und Richtlinien sind fachlich. Es geht eben nicht nur darum, als Dirigent Arbeitsaufträge zu erteilen, es ist auch wichtig, dass diese Arbeitsaufträge auch fachlich qualifiziert sind
Eine ähnlich einäugige Meinung herrscht im Firmenmanagement. Da werden Manager von Konzern A nach Konzern B verschoben, die ungefähr kein Branchenwissen haben. Sie identifizieren sich nicht mit den Konzernen, was bei Hartmut Mehdorn besonders deutlich wurde, der nicht einmal bei seinen Dienstreisen das Angebot seines eigenen Konzerns nutzte.
Hewlett Packard ist ein Technologiekonzern, der immer hardwarelastig war. Endverbraucher kennen insbesondere die Druckersparte, aber PC-Server und größere Rechner mit dem Unix-Betriebssystem HP-UX stehen nunmal eher in Firmen.
Zum Konzern gehören zwar auch Beratungs- und unternehmen wie Synstar (jetzt Hewlett-Packard CDS), aber diese „fremden“ Unternehmen dienten vorwiegend der Unterstützung und Abrundung der Hardwaresparte.
2010 ahnten die Vorstände, dass Tablet-PCs im Kommen sind. Die eigenen Versuche, mit mobilen Gadgets Marktanteile zu machen, scheiterten, daher kaufte HP den Handheld-Experten Palm ein. Der erhielt mit seinen Smartphones unter dem eigens entwickelten webOS gute Kritiken, machte aber durch zu lasche PR kaum Umsätze damit. HP pumpte Geld in die Entwicklung eigener Tablet-PCs und einer größeren Auswahl an Smartphones, entwickelte webOS weiter, und die Branche wartete auf den großen Knall, wenn HP mit der Hardware auf den Markt kommt.
Nachdem Léo Apotheker bei SAP – dem Konzern, bei dem er groß geworden war – in Ungnade gefallen war, wechselte er zu HP und wurde CEO.
Und kurz nach Markteinführung der webOS-Neuentwicklungen, unter anderem dem HP Touchpad, stampfte er die PC- und Mobilsparten ein. Völlig abstrus ist die Begründung, keine PCs mehr herzustellen weil „der Tablet-Effekt spürbar“ sei – und zugleich den Tablets auch den Todesstoß zu versetzen.
Sehen wir uns die Stationen im Leben von Léo Apotheker mal an:
- Zahlungsverkehrssystem SWIFT
- Unternehmensberatung McCormack & Dodge
- SAP
- Risikokapitalgesellschaft ECsoft (auf Softwareunternehmen spezialisiert)
- Managementberatung ABP Partners
- zurück zu SAP
- Hewlett-Packard
Wir sehen: Der einzige Hardware-Konzern, bei dem er jemals tätig war, war HP. Ansonsten war er bei Unternehmensberatern, Dienstleistern und dem Sofwaregiganten SAP beschätigt oder gründete diese.
Wer schonmal als IT-Dienstleister mit SAP zu tun hatte, weiss, dass Hardware für den Konzern ein lästiges Übel darstellt. Zwar sind reichlich PC-Systeme von SAP zertifiziert, aber als unangefochtener Marktführer der strategisch unverzichtbaren ERP-Tools kann SAP sich vor einer schon riskanten Beratungsleistung drücken.
Wichtig bei so zentralen und alles abdeckenden Programmpaketen ist das Hardware-Sizing. Während die PCs am Arbeitsplatz nur halbwegs aktuell sein müssen, sind Programm- und Datenbankserver die Nadelöhre, durch die alle Anfragen und Aufträge der Anwender hindurch müssen. Der normale Weg ist der, dass man den Sofwareanbieter oder Distributor um Beratung bittet. Niemand kennt die Leistungsanforderung der Sofware besser.
Anders bei SAP.
Es gibt zwar eine Berechnungsmethode, um die Anforderungen in den theoretischen Messwert SAPS umzurechnen, auf dessen Basis man Hardwaredimensionen bestimmen kann – aber diese Berechnung macht im SAP-Universum der Hardwarelieferant.
Es gibt verschiedene Herangehensweise zur Berechnung – auf Basis der Anwenderzahl und der Zahl der Buchungen ist eine Methode, auf Basis der vom bisherigen System genutzten Systemleistung ist die andere Methode. Jedoch sind gravierende Abweichungen (um Faktoren von 2-4) gar nicht selten. Und das Beratungsrisiko trägt SAP daher nicht gerne, sondern schiebt es den Hardwareherstellern in die Schuhe.
Hardware erscheint für SAP nur das lästige Blech, das man braucht, um die Programme irgendwo unterzubringen, und das alle paar Jahre ausgetauscht und neu berechnet werden muss.
Léo Apotheker an die Spitze eines Hardwarekonzers zu setzen, der einige Jahre zuvor noch einen der größten Konkurrenten (Compaq) aufgekauft hat und größter PC-Hersteller der Welt war, erscheint also, also ob man einen Fleischermeister die Leitung einer Bäckerei überträgt:
Brötchen sind nur die lästigen Dinge, die man zum Herstellen von Frikadellen benötigt, der Zweck von Brot ist doch nur, die Wurst anfassbar zu machen.
Vielleicht hat der Aufsichtsrat von HP das jetzt verstanden, denn Léo Apotheker steht vor dem Rauswurf
UPDATE: Es ist amtlich. Léo Apotheker ist abgesägt, an seiner Stelle wird Meg Whitman den Konzern führen. Ob sie eine gute Wahl ist wird in der Branche geteilt gesehen. Das sie eBay als Startup an die Börse brachte und zum Konzern aufbaute, wird einerseits so interpretiert, dass sie sich mit Startups, nicht aber mit Konzernen auskenne. Andererseits verließ sie eBay, als das Wachstum abflachte und hat als „erste Internet-Milliardärin“ sicher keinen allzu hohen finanziellen Druck, um zu HP wechseln zu müssen. Vielmehr kennt sie den Konzern, da sie schon eine Weile dem Board of Directors von HP angehört.