Nachdem der Server von kreuz.net aus dem Netz verschwand war es ruhig um die den militanten Katholizismus im deutschsprachigen Raum. Mit dem Blog unter katholischepost.wordpress.com entstand inzwischen ein Nachfolger, der so gaga ist, dass er auch als Realsatire durchginge. Manche Dinge kanste Dir halt einfach nicht selber ausdenken.
Aufmerksam wurde ich auf das Blog durch Mario Sixtus. Der erste Artikel, den ich las, war der über das Coming Out von Thomas Hitzlsperger. Die Sprache ist radikal, beleidigend, hasserfüllt und zu Hass anstachelnd wie bei kreuz.net in der besten Zeit.
Natürlich geht es darum, dass Homosexualität für echte, treue – papsttreue! – Christen als Sünde und vermutlich Auslöser des Jüngsten Gerichts gelten muss. So weit, so bekannt. Welchem Papst die Autoren des Artikels denn treu sein wollen bleibt im Dunkel, denn Papst Franziskus ist nun gerade bezüglich der Fragen zur Sexualmoral auf dem Weg zu neuen Ufern.
So dreht sich in der Homo-Hetze alles um Analverkehr. Analverkehr hier, Analverkehr dort. Diese Analfixiertheit des Blogs ruft natürlich zu allerlei Spekulationen auf. Freud verortete die anale Phase der infantilen Sexualentwicklung im 2. und 3. Lebensjahr. Argumentativ liegt der Artikel tatsächlich auf diesem Niveau.
Und sie hetzen munter:
Heute wurde klar: Ex-Nationalspieler Hitzlsperger hing die Fussballschuhe so vorzeitig an den Nagel, um den (wahrscheinlich nur noch kurzen) Rest seines ihm verbleibenden Lebens dem Anal-Götzen zu weihen.
Ne. Ist. Klar.
Und dann, einige Absätze und drei Analsexanspielungen später, wird es so richtig und gleich auf mehreren Ebenen gaga:
In den letzten Jahren wurde durch die sexuellen Übergriffe auf Kinder seitens katholischer Weiheträger deutlich, dass Pädophilie zur Homo-Identität gehört.
Im Gegensatz zu anderen katholischen Fundamentalisten wird vom Autor nicht nur eingestanden, dass es in der katholischen Kirche homosexuelle Geistliche gibt, sondern auch, dass sie Kinder vergewaltigt haben.
Weiterhin werden sie als „Weiheträger“ bezeichnet, also nicht im Mindesten kritisiert. Jetzt hat Pädophilie nicht viel mit Homosexualität zu tun. Ein verheirateter Mann und Familienvater, der seine Tochter befummelt, zeigt keine Indizien dafür, dass er schwul ist, ist gleichwohl aber pädophil.
Es geht noch weiter, gleich im nächsten Satz:
Etwa 80% der von Männern geschändeten Kinder waren kleine Jungen.
Innerhalb der Kirchenskandale mag das tendenziell stimmen, wobei es für die 80% natürlich keine seriösen Quellen gibt.
Aber natürlich liegt es dem Autor nicht nahe, dass die Männergemeinschaft der Priesterseminare auf homosexuelle Männer schon eine gewisse Anziehungskraft ausübt. Insbesondere, wenn sie sich in einem Konflikt wegen der Inkompatibilität von Glauben und sexueller Orientierung befinden. Das könnte ja durchaus die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass dort mehr Jungs als Mädchen zum Opfer werden.
Und so richtig in der braunen Masse rührt dann eine der Forderungen am Ende des Artikels:
Katholische Post (KPO) verlangt die Rearchivierung des § 175 StGB in der Grundform von 1871 (bis 1935 gültig)
§ 175 des Strafgesetzbuches bestrafte in der gewünschten Form sowohl homosexuelle Handlungen zwischen Männern als auch Sex mit Tieren. Die Änderung im Jahr 1935 sortierte den Sex mit Tieren lediglich in einen eigenen Paragraphen um.
Übrigens: Gegen Lesbensex haben die Autoren der Katholischen Post offenbar nichts einzuwenden.
Auch ein anderer, willkürlich ausgewählter Artikel ist Comedy-verdächtig.
Am 12. November 2013 schrieb die Katholische Post über einen „Gothic-Gottestienst„:
Der Laie Uwe Brand, derzeit als “Pastor” angestellt, hat am 08.11.2013 in Zusammenarbeit mit einigen depressiven Jugendlichen einen “Gothic-Gottesdienst” veranstaltet.
Der protestantische Pastor Uwe Brand ist also ein Laie. Natürlich: Er hat ja auch nicht katholische Religion studiert und die Weihe für das katholische Priesteramt erhalten. Was man bei protestantischen Geistlichen für genauso normal halten sollte wie bei Rabbinern oder Derwischen.
Die Teilnehmer des Gottesdienstes wurden auch alle von anderen Laien getauft, sind also irgendwie gar nicht so richtige Christen. Was mag also nun das Problem des Autors mit diesem Gottesdienst sein? Dass Menschen, die nach Auffassung der Fundamentalisten so tun, als ob sie Christen seien, in einem Gebäude, von dem sie behaupten, es sei eine Kirche, irgendwas machen?
Schaun wir uns mal die Bildunterschrift an. „Der besessene Pastor Brand“ wird dort „mit einer verkleideten Tunte“ gezeigt.
Ah, ja, Homophobie, willkommen daheim.
„Zügellose Sexualität (Onanie, Homo-Unzucht, wilde Ehen)“ sind das, was diese Gothics so auszeichnet, denn wir wissen ja, dass die „depressiven Jugendlichen“, die sich so kleiden, dass „Gothic-Männlein und Gothic-Weiblein zum Verwechseln ähnlich“ aussehen ein und „ein Phänomen marxistischer Gesellschaftsordnung“ sind immer erstmal einen Gangbang veranstalten, wenn sie sich treffen.
Dagegen klingt sogar eine durschnittliche „Post von Wagner“ schlüssig und nachvollziehbar.
Komplett durch den Wind muss der Autor aber gewesen sein, als er schrieb:
Am 08.11.2013 entsakralisierten Gothic-Terroristen die Dorotheen-Kirche im Rahmen eines “Gottesdienste” mit Lichtshows, Nebel, Musikvideos, Gedichtlesungen, Grabkerzen und einem Totenkopf-Bühnenbild vollständig.
Sicherlich mag das für einen Papsttreuen Katoliken eine Gotteslästerung gewesen sein. Ich kann und will dem Autor dieses Empfinden nicht wegnehmen.
Aber selbst, wenn die ziemlich hübsche Dorotheen-Kirche mal eine geweihte katholische Kirche war, was man angesichts der Reformation zwischen 1517 und 1648 und des geschätzten Alters des Gotteshauses spontan bezweifeln möchte. ist sie es heute nicht mehr. Zu viele Taufen, Eheschließungen, Beisetzungen und Abendmahle durch Laien, die sich angemaßt haben, Gottes Priester zu sein, haben inzwischen stattgefunden. Gehen wir davon aus, dass eine Profanierung des Gebäudes längst stattgefunden hat. Tatsächlich war die Kirche nie eine katholische Kirche und daher auch nie im katholischen Sinne geweiht, ihre Grundsteinlegung erfolgte 1859 durch einen protestantischen Fürsten..
Und was nicht (mehr) geweiht ist kann folgerichtig auch nicht mehr entsakralisiert werden.
Mehr Artikel dieses Blogs hab ich dann nicht mehr trocken runter bekommen.
Da halt ich es doch mit dem lieben Reinhard Pfaffenberg. Auf seiner Heimseite hat er viele Vorschläge und Anregungen für wirklich löbliche Internetzstehsegler parat. Da kann man übrigens bis zum 1. Februar abstimmen, wer der löblichste Mensch des Jahres 2014 sein soll.