Es gibt die Geschichte vom Frosch und dem heißen Wasser. Wenn man ihn in das heiße Wasser hinein setzt, dann springt er heraus. Setzt man ihn jedoch in kaltes Wasser, das man langsam erhitzt, wird er den Zeitpunkt zur Flucht verpassen und stirbt.

So ähnlich ist das mit unserem Rechtsstaat.

1989 war ich als Student der Verwaltungswissenschaften in einem Praktikum beim Sozialamt in Düsseldorf. Wir mussten sehr streng auf die Rechtslage achten – nicht nur bei der Bewilligung oder Ablehnung von Leistungen, sondern auch zum Schutze der Hilfeempfänger.

Beispielsweise mussten wir uns hüten, einfach so als Sozialamt mit dem Vermieter in Kontakt zu treten. Das war nur in wenigen Fällen erlaubt, wo Hilfeempfängern die „Stütze“ am Monatsersten so in der Tasche brannte, dass am 3.  die Miete nicht mehr beglichen werden konnte. In diesen Fällen hatten wir die Möglichkeit, die Sozialhilfe wöchentlich oder in Gutscheinen auszuzahlen und die Miete selber anzuweisen. Das aber auch nur, wenn es mehrfach passiert ist, der Hilfeempfänger mehrfach die Chance hatte, sein Leben besser zu organisieren und es doch nicht geschafft hat.

Warum das so war? Weil es niemanden, auch nicht den Vermieter, etwas angeht, wenn ein Mensch auf Hilfe angewiesen ist. Das nennt man Menschenwürde und Datenschutz.

Einer unserer Kunden kam immer zu den Gesprächen, zu denen wir ihn einluden, und spielte mit seinem Schlüsselbund rum. Daran hing ein Schlüssel für einen BMW. Nun war es nicht schlimm, dass er den Wagen besaß – es gibt auch BMWs, die nicht mehr viel wert sind. Aber es ist kein Geheimnis, dass er von der Sozialhilfe keineswegs in der Lage war, ein Fahrzeug überhalb eines Rollers mit 50ccm zu unterhalten. Das roch also nach Nebeneinnahmen, von denen wir nichts wussten.

Wir schrieben unter dem Briefkopf „Landeshauptstadt Düsseldorf – Der Oberstadtdirektor – Sozialamt“. Die juristische Person war „Der Oberstadtdirektor“ der oberste Beamte der Stadt (heute ist das der Oberbürgermeister). Ein anderes Amt des Oberstadtdirektors war das Straßenverkehrsamt. Ich fragte meinen Praktikumsausbilder, ob wir einfach mal beim Straßenverkehrsamt anfragen könnten, ob er ein Auto angemeldet habe.

Nein, konnten wir nicht. Weil wir es nicht durften. Obwohl wir genau genommen nur unterschiedliche Abteilungen derselben Behörde waren. Grund war auch hier der Datenschutz. Was wir durften, war lediglich eine konkrete Anfrage, ob Herr X Halter des Fahrzeugs mit dem Kennzeichen Y sei.

Auf diese Weise wurde verhindert, dass wir bei allen Hilfeempfängern auch ohne konkreten Verdacht hin einfach mal die wirtschaftlichen Verhältnisse ausforschen. Glückstreffer können ja immer vorkommen.

Die Sozialhilfe wurde vor geraumer Zeit durch ALG II ersetzt. Wer das beantragt, bekommt erstmal einen Merkzettel, wie er die Zeit von bis zu zwei Monaten, die er auf einen Termin warten muss, finanziell überbücken kann: Verwandte und Freunde bitten, Geld zu leihen. Den Vermieter bitten, Mieten zu stunden.

1989 war es so, dass wir immer eine offene Sprechstunde hatten und keinen Neuantragsteller, der nicht augenscheinlich gar keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt hatte, ohne einen Barscheck nach Hause schickten. Denn die Sozialhilfe sollte ja gerade denen helfen, die eben keine Rücklagen haben.

Wir sehen einen deutlichen Paradigmenwechsel: Der Mensch, der um Hilfe bittet, wird nicht mehr vom Staat versorgt und geschützt, nein. Für den Vorschlag, den Vermieter um Stundung der Miete zu bitten, hätte man 1989 ein Disziplinarverfahren bekommen. Heute bekommt der Hilfeempfänger keinen Euro, wenn er nicht die Hosen runterlässt und bis hin zur Bankvollmacht gläsern wird.

Der Bürger wurde vom geschützten und unterstützten Mitglied der Gesellschaft zum mutmaßlich betrügerischen Bittsteller.

Diese Paradigmenwechel finden sich auch an anderer Stelle. Während das Volkszählungsurteil 1983 noch zur Einführung des Grundrechts auf Informationelle Selbstbestimmung führte und zu Datenschutzgesetze, die in erster Linie den Bürger vor dem Staat und nebenbei auch vor Unternehmen schützen sollte, sind heute Einrichtungen wie ELENA, die Steuerliche Identifiktionsnummer und die Gesundheitskarte an der Tagesordnung.

Maßnahmen, die den datenschutzrechtlichen Grundgedanken der Datensparsamkeit aushebeln,

Noch schlimmer ist, dass die ständigen Versuche, eine überzogene Vorratsdatenspeicherung einzuführen, Gefährderlisten mit Personen, die zu bestimmten Veranstaltungen nicht erscheinen dürfen, weil man befürchtet, dass sie dort den Rechtsfrieden stören, Massen-DNA-Tests und noch mehr ermittlungstechnische Dinge den Eindruck erwecken, dass bei jeder verdächtig ist.

Es wird offenbar nicht mehr ermittelt, wer eine Strafat begangen haben könnte, ein Motiv hat und kein Alibi, wie das bei Derrick noch war. Nein, alle, die die Tat begangen haben könnten, werden durch scheinbar objektive Filter gejagt – im Fall der VDS oder der Funkzellenabfrage sogar ohne deren Mitwirkung und Wissen.

Und auch Arbeitnehmerrechte werden beschnitten. Wie wir gerade am 9. Bahnstreik in Folge sehen. Das Grundgesetz sagt in Artikel 9, Absatz 3:

Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Das geplante Tarifeinheitsgesetz soll nun dafür sorgen, dass nicht nur mehrere Tarifverträge mit mehreren Gewerkschaften in einem Betrieb verhindert werden – nein. Es wird zugleich festgelegt, dass die Arbeitgeberseite nur mit der stärrksten Gewerkschaft verhandeln muss, folglich auch nur diese überhaupt in den Arbeitskampf eintreten darf.

Das bedeutet natürlich, dass es nie wieder neue Gewerkschaften geben wird und das Grundrecht, Vereinigungen überhaupt zu bilden damit ausgehebelt wird.

Dass die Regierung Merkel grundsätzlich an der Verfassungswidrigkeit ihrer Gesetze vorbei schrammt und auch bewusst offensichtliche Konflikte mit Grundrechten akzeptiert, solange das Bundesverfassungsgericht kein Urteil spricht, ist geradezu unglaublich.

Als meine Generation in den 1980ern ins Wasser des eigenständigen Lebens geworfen wurde, war es dort angenehm. Langsam erhöhte sich die Temperatur und inzwischen empfinde ich es als unertäglich heiß und fürchte, bald selber durch die Hitze Schäden davon zu tragen.

Ich halte es nämlich für einen Schaden, durch eine Funkzellenabfrage in den Kreis der Tatverdächtigen zu gelangen und weiter durchleuchtet zu werden. Oder näher durchleuchtet zu werden weil man eine offiziell freiwillige DNA-Probe nach einem Gewatverbrechen in der Gewaltverbrechen nicht abgeben will, weil man fürchtet, dass das DNA-Profil doch nicht danach gelöscht wird.

Noch schlimmer wäre es, wenn die zulässigen DNA-Marker erweitert werden und bei DNA-Proben nicht nur geprüft werden kann, ob sie von derselben Person stammen, sondern auch Verwandtschaftsverhältnisse erkennbar werden – das wäre ein Aushebeln des Zeugnisverweigerungsrechts. Wenn meine freiwillig abgegebene DNA einmal in der Datenbank gelandet ist und die DNA eines Verwandten, den ich nicht belasten muss, an einem Tatort gefunden wird, liefert meine DNA-Probe ihn ans Messer!

Jens Scholz hat neulich zu typischen Verhaltensweisen unserer Mitmenschen etwas geschrieben. Was er anprangert – der Generalverdacht, den wir haben, das kam in derselben Zeit wie die Entwertung unseres Rechtsstaats:

Ich erinnere mich jedenfalls an Leute, die sowas vorhergesagt haben, als Helmut Kohl in den Achtzigern begonnen hat, das Solidaritätsprinzip konsequent zu vernichten (und Schröder den Staffelstab übernommen hat und geradewegs weitergemacht hat).

Wir müssen was dagegen tun. Bei uns selbst anfangen. Solidarität zeigen: Menschen streiken nicht, weil sie darauf Bock haben. Streik ist Stress, denn die Streikkassen der Gewerkschaften garantieren keine vollständige Lohnfortzahlung. Streik ist immer mit finanziellen Verlusten verbunden, die man nicht eingeht, um sich aufzuspielen, sondern, weil man am Ende eine Verbesserung erhofft.

Gehen wir auf die Streikenden ein, statt sie als Täter zu sehen. Befassen wir uns mit ihren Problemen und sehen, dass sie Recht haben mit dem Streik.

Seien wir solidarisch mit Menschen, die auf staatliche Hilfe angewiesen sind, statt sie als Schmarotzer zu sehen. Gehen wir mit ihnen aufs Amt, man nennt das auch „Mitläufer“ – Menschen, die kein ALG II beziehen und Antragsteller begleiten, um den Gesprächen als Zeuge beizuwohnen.

Seien wir wieder Menschen mit Empathie und Moral. Und beeinflussen wir die Politik. Mit Briefen, Mitarbeit in Parteien und Organisationen und last but not least mit weise gesetzten Kreuzen bei der nächsten Wahl.

Anders bekommen wir das Wasser nicht wieder kalt.

Kategorien: Allgemein

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Herr S-Bahnfahrer
9 Jahre zuvor

Sehr wahr! Und beängstigend. Und als selbst Streikender kann ich bestätigen: Streik ist Stress. Und nicht nur finanzieller, sondern auch und vor allem emotionaler Stress. Und das nicht nur wegen der Beschimpfungen in den sozialen Netzwerken. Auch ich mache mir Gedanken um meine Fahrgäste, auch wenn das kaum einer glauben mag.

9 Jahre zuvor

Schön geschrieben – auch wenn das mit dem Frosch nicht stimmt. Was aber eigentlich nur beweist, dass wir in der Masse gesehen einfach nur blöder sind als Frösche…

farmerjohn
9 Jahre zuvor

Toller Artikel, danke dafür.

Es gab allerdings zwischen den Achtzigern und heute einen Moment, der die Temperatur im Topf schlagartig erhöht hat. Im Jahr 2001, am 11. September.

Und leider ist es bis heute nicht gelungen, den Temperaturregler wieder auf eine erträgliche Temperatur zurück zu drehen.

ANDREAS
9 Jahre zuvor

Wir hätten einen Aufstand der Anständigen gebraucht, wenn wir uns eine freiheitliche, soziale Gesellschaft hätten erhalten wollen. Haben wir aber nicht gemacht.

Sozial
9 Jahre zuvor

Wenn ich mit Gewaltandrohung Peter zwinge, Paul zu helfen, kann man Peter’s unterwürfiges Handeln als „sozial“ bezeichnen? Handle ich, als Aggressor gegenüber Peter und als Helfer gegenüber Paul, „sozial“ oder „asozial“? Wenn der Autor des Artikels die Entwicklung zum asozialen bemängelt, frage ich mich ob nicht der Begriff „Sozialstaat“ ein Oximoron ist…

Sozial
9 Jahre zuvor
Reply to  vk

Der Staat zwingt seine produktiven Bürger zur Zahlung von Steuern (abgesehen von der Finanzierung von Staatsausgaben durch Staatsverschuldung), womit u.a. die Vergabe von Sozialleistungen ermöglicht wird. Aufs vorherige Beispiel reduziert, wäre hier Peter der produktive Bürger (gezwungen zu helfen), Paul der Hilfeempfänger, „ich“ der Staatsbeamte, der die Umverteilung durch Anwendung der (Staats-) Gewalt bewerkstelligt. Die Frage, die ich gerne stellen möchte: lässt sich Peter’s unterwürfige Haltung als „sozial“ bezeichnen? Das wäre der Fall, wenn dieser frei von Gewaltandrohung handeln würde. Aber in der gängigen Lage? Ist Peter nicht einfach Opfer der Obrigkeit? Ist es nicht Augenwischerei, in diesem Zusammenhang von „sozialer Gesellschaft“ zu Reden?

Sozial
9 Jahre zuvor

Zwar wird im modernen Spachgebrauch der Beamter als Steuerzahler bezeichnet, aber in der Substanz kann das nicht zutreffen. Der Beamte ist Steuerempfänger: er kann gar keine Steuern zahlen, da sein Gehalt aus Steuern besteht. Dass wir alle der Staatsobrigkeit unterliegen mag zwar stimmen, aber ich möchte gerne davor warnen, das Thema Staatsgewalt einfach mit dem Argument „demokratisch legitimiert“ abzuhaken und gleichzeitig von Solidatitätsprinzip, Empathie und Moral zu reden. Die von Ihnen geschilderte negative Entwicklung war m.E. vorhersehbar. Wenn der Mensch nur begrenzt sozial ist, warum sollte sich die Sachlage durch insitutionelle Gewaltanwendung (seitens einer Untergruppe begrenzt sozialer Individuen) bessern?

Sozial
9 Jahre zuvor
Reply to  vk

Bevor wir von Gegenvorschlag reden, würde ich Sie gerne bitten, Ihre Prämissen zu verdeutlichen. Zum Beispiel schreiben Sie über Streiks. Einmal ganz von wirtschaftlichen Implikationen abgesehen: Arbeiter hätten ein Recht darauf, einen Betrieb zu bestreiken, natürlich ohne deswegen die Kündigung zu riskieren. Anders formuliert dürften Arbeitgeber, die von ihren Angestellten bestreikt werden, diese nicht fristlos kündigen, ohne es mit der Staatsgewalt zu tun zu bekommen. Paul bietet seine Arbeit, u.a. an Peter. Peter bietet eine Arbeitsstelle, u.a. an Paul. Sie schließen einen Vertrag mit der Maßgabe, diesen einseitig fristlos kündigen zu dürfen, falls die Gegenseite die vereinbarte Leistung nicht erbringt. Was berechtigt nun mich, der Staat (bzw. der politisch engagierte Bürger über den Staat), zum Eingriff? Warum sollte ich zwischen Paul und Peter diskriminieren dürfen und den Arbeitgeber Peter durch Gewaltandrohung dazu zwingen, einen Vertragsbruch seitens Paul zu dulden (und die Kosten meiner Aktion auf alle Bürger ggf. mittels Zwangsvollstreckung abzuwälzen)? Gleich vorweg: natürlich gilt meine Fragestellung für das gesamte (positive) Arbeitsrecht, aber ich denke es sei konstruktiv, unser Diskurs zunächst auf spezifische Aspekte zu konzentrieren.

Sozial
9 Jahre zuvor
Reply to  vk

Natürlich haben Sie mit der Gewerkschaft recht. Ihre Antwort lässt mich jedoch darüber zweifeln, ob ihre Frage nach einem Gegenvorschlag ehrlich gemeint ist. Um über Gesellschaft ohne institutionellem Zwang zu reden, sollten wir uns doch erst darüber einig sein, wo Zwang existiert und welche ethische Rechtfertigung es hat. Also bitte: Peter darf den Vertrag mit Paul zwar fristlos kündigen, nicht jedoch wenn Paul bei seinem Vertragsbruch von einer Gewerkschaft unterstützung erhält (dessen Sonderstellung wiederum durch ein Staatsprivileg gegeben ist). Und meine Frage: Warum sollte der Staat und dessen privilegierte Institutionen zwischen Paul und Peter diskriminieren dürfen und den Arbeitgeber Peter durch Gewaltandrohung dazu zwingen, einen Vertragsbruch seitens Paul zu dulden (und die Kosten seiner Aktion auf alle Bürger ggf. mittels Zwangsvollstreckung abzuwälzen)? (Ich würde auch sehr gerne die wirtschaftlichen Implikationen mit Ihnen erörtern, aber ich fürchte, das würde unsere Diskussion unnötig verkomplizieren. Lassen Sie uns doch zunächst die Ethik im Vordergund halten!)

[…] Irgendwas stimmt mit Rechtsstaat nicht!: […]

Sozial
9 Jahre zuvor

Über meine Absichten täuschen Sie sich! Es ist oft anstrengend, mit Andersdenkenden zu reden und ich kann sehr wohl verstehen, wenn Sie die Diskussion lieber abbrechen möchten. Haben Sie vielen Dank!

Sozial
9 Jahre zuvor

Aus meinem Tagebuch:

Ein Blog-Artikel mit dem Titel „Irgendwas stimmt mit Rechtsstaati nicht!“ bemängelt die zunehmend abweisende Haltung des Staates gegenüber bedürftigen Bürgern: diese seien immer weniger als versorgungs- und schützwürdig erachtet. Ein regelrechtes Paradigmenwechsel, hin zur Vernichtung des Solidaritätsprinzips, sei von „Menschen mit Empathie und Moral“ politisch zu bekämpfen.

Am Samstagmorgen, noch im Bett liegend, schaue ich in meinem Handy bei Facebook nach und sehe den Titel, weil es eine sehr nette Freundin „geliked“ hat. Und da das Thema Staat bei mir als Anarchist Interesse hervorruft, lese ich es und beschließe, ein Kommentar loszulassen (was ich ganz ganz selten mache, hier muss es wohl an der sehr netten Freundin gelegen haben, die selber so schön schreibt, sie hat mir vor kurzem geraten zu schreiben, um einfach durch Übung in Gang zu kommen).

Es geht mir darum aufzuzeigen, wie die Begriffe Empathie, Moral und Solidarität fehl am Platze sind, wenn institutionelle Gewalt im Spiel ist. Der Autor antwortet prompt. Er bezeichnet den Menschen generell als leider „begrenzt sozial“, womit die Notwendigkeit der Staatsgewalt begründet sei. Anstatt sich auf eine Diskussion einzulassen, fordert er einen „Gegenvorschlag“: Wie soll es denn bitte ohne „Steuern und Zwang“ gehen?

Technokrat, denke ich, das wird schwierig. In seiner Vorstellung geht es um den „Aufbau einer Gesellschaft“. Da könne man darüber diskutieren, ob die eine Methode besser oder schlechter sei, aber ohne institutionelle Gewalt auszukommen sei ja utopisch! Verweis ihn einfach auf die Internetsuchmaschine und lass es, denke ich, oder nenne ein paar Autoren. Aber dann fallen mir die Worte aus seinem Artikel ein, Empathie, Moral, Solidarität. Nur leeres Geschwafel oder glaubt er wirklich daran? Ist für ihn wirklich das Thema Gewalt wirklich abgehakt oder ist er bereit, darüber zu reden?

Da fallen mir ein paar Beispiele aus der Nazizeit (worüber ich gerade ein Buch lese) ein, aber das wäre zu krass und zu weit her gegriffen. Also versuche ich anhand eines Beispiels zum Thema Arbeitnehmerrechte (übrigens ein Zentralthema bei der Deutschen Arbeiterpartei, später NSDAP) den Sachverhalt aus meinem ersten Kommentar zu verdeutlichen. Ich weise auf eine aus meiner Sicht diskriminierende Anwendung der Staatsgewalt hin und frage nach dessen ethische Rechtfertigung.

Das war keine gute Idee, zudem wohl unverständlich. Er verweist mich auf einen irrelevanten Fehler (nicht der Arbeitnehmer streikt, sondern die Gewerkschaft!) und behauptet schlicht, ich hätte den Arbeitsmarkt nicht kapiert. Ich versuche nochmal klarzustellen, umsonst. Dem Autor geht es offenbar es nun darum, das Gespräch halbwegs mit Würde zu beenden: er bedankt sich zwar, kann es aber nicht lassen, mich zu bezichtigen, ihn gezielt irreführen zu wollen. Er sei entschuldigt. Schließlich führen wir diesen Schriftwechsel vor seinem Publikum. Während er in aller Öffentlichkeit dasteht, verberge ich mich hinter einem Pseudonym. Soviel in diesen Pfingsttagen zum Thema Empathie, Moral, Solidarität, und Staatsgewalt.

Kora
9 Jahre zuvor

Hallo, warum sind die Anworten von „Sozial“ unleserlich? Schade, das war doch ein interessanter Austausch… mal was anderes als das übliche.

Kora
9 Jahre zuvor
Reply to  vk

Na, das mit dem Proxy sollte Sie als angeblicher Verfechter des Datenschutzes wohl kaum stören, oder? Auf jeden Fall, komme ich wo mich gerade befinde nicht anders ins Internet… Auf Ihre Webseite kam ich übrigens nur aufgrund eines Tippfehlers (ein i zuviel hinder Rechtsstaat)!