Die AfD und andere Rechte versuchen derzeit, den Eindruck zu erwecken, das Messer als alltägliche Waffe sei durch die Flüchtlinge – nein, Invasoren nennen sie sie ja – in Deutschland eingeführt worden.

Tatsächlich spielt es inzwischen keine Rolle mehr, wer mit einem Messer auf wen losgegangen ist, bei deutschen Tätern mit deutschen Urgroßeltern ist selbstverständlich klar, dass sie nur durch die Flüchtlinge überhaupt das Messer an sich als mögliche Tatwaffe erkennen konnten und ohne diese Erkenntnis natürlich nie Täter geworden wären.

Oder so ähnlich.

Tatsächlich ist es etwas anders.

Wer sich an Filme aus den 50ern erinnert, der wird sich auch an Springmesser erinnern. Also Messer, bei denen die Klinge durch einen Federmechanismus aus dem Heft (also dem Griff) herausklappt oder nach vorne herausschießt. Solche Messer sind insbesondere bei Jugendgangs schon immer beliebt gewesen.

Man kann sie (wenn die Mechanik taugt) in der Hosentasche aufbewahren, hat aber nach dem Hervorholen sofort ein einsatzfähiges Messer.

Die klassische Version des Springmessers, die eindeutig nur als Waffe geeignet ist, trägt auf beiden Seiten der Klinge eine Schneide und gilt in Deutschland schon so lange als „Verbotener Gegenstand“, dass ich den Beginn dieses Verbots online kaum noch recherchieren konnte.

Tatsache ist, dass ein ziemlicher Teil der Bauweisen von Springmessern in Deutschland generell verboten sind, andere unter Umständen immerhin besessen werden dürfen und wieder andere unter bestimmten Voraussetzungen sogar in der Öffentlichkeit mitgeführt. Man muss begründen können, wozu man das Messer braucht – für Jäger oder als Rettungsmesser für Paddler oder Segler ist es ok, „Selbstverteidigung“ gilt nicht als Grund.

Warum ist das so? Klar: Weil Messer schon immer als Waffen benutzt wurden. Auch in Deutschland.

2008 kam dann eine Regelung ins Waffengesetz, die mich betraf. Als Paddler besitze ich mehrere sogenannte Einhandmesser. In meinem Fall sind das sehr leichtgängige Taschenmesser mit Verriegelung (damit sie nicht versehentlich zuklappen) und einem Pin, durch den ich das Messer mit einer Hand öffnen kann.

Der Vorteil: Ich kann mit einer Hand das Boot und das Paddel sichern und mit der anderen das Messer öffnen, um das Boot aus irgendwelchem Gestrüpp oder Angelschnüren oder was auch immer zu befreien. Durch die Konstruktion meiner Messer bin ich sogar in der Lage, sie einhändig zu entriegeln und wieder einzuklappen (sogenannter Line-Lock).

Auch hier ist – wie beim Springmesser – die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie als Waffen benutzt werden. Auch der vom Polizeibeamten im Sicherungsgriff gehaltene Tatverdächtige hat oft noch eine freie Hand, mit der er ein solches Messer aus der Tasche nehmen und öffnen kann.

2008 schrieb die WELT zum Thema einen interessanten Artikel.

„Gefährliche Messer müssen jetzt zu Hause bleiben“ war der Titel und der Artikel hatte ein Symbolbild mit Bildunterschrift:

„Das sind die Bilder, die niemand mehr sehen will: Jugendliche Gewalttäter mit Messer“

Und weiter schreibt die WELT:

Allein in Berlin stieg die Zahl der Messerattacken von 1135 im Jahr 2006 auf 1566 in 2007.

Wir erinnern uns, das die Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge, denen die AfD das Phänomen des Messers als Waffe wohlfeil in die Schuhe schieben will, ab 2014 anstieg und 2015 ihren Höhepunkt hatte.

Tatsache ist aber, dass Messer schon immer, insbesondere unter Jugendlichen, als Waffen beliebt waren und immer wieder weitere Verschärfungen des Waffenrechts in Kraft traten, die genau hier entgegenwirken sollten.

Aber sowas verschweigt man natürlich, wenn man in der Bevölkerung ein Feindbild aufbauen will.

 

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