Armin Laschet möchte Bundeskanzler werden. Jeder von uns hat so seine Vorstellungen davon, was er beruflich machen möchte, also ist der Wunsch nicht verwerflich.
Was jedoch dagegen spricht, dass er Kanzler wird und wie das durch absurde Kindergartenangriffe auf die Grüne Kandidatin Annalena Baerbock aus den Medien und damit dem Bewusstsein der Wähler:innen verdrängt wird, ist sehenswert.
Daher sammle ich hier die Gründe in loser Folge. Das hier ist Teil 1: Tricksen, Täuschen, Lügen.
Denn: Armin Laschet ist nicht aufrichtig.
Es gibt zwei größere Skandale aus der Vergangenheit, die immer wieder unterschwellig thematisiert werden, aber dann untergehen, weil Annalena Baerbock gerade wieder vorgeworfen wurde, die Kommasetzung von Joschka Fischer in ihrem Buch kopiert zu haben.
Skandal 1 war passenderweise ein Buch von Armin Laschet.
2009 war Laschet in NRW Integrationsminister. Er schrieb zu diesem Zeitpunkt das Buch „Die Aufsteigerrepublik: Zuwanderung als Chance“. Genau genommen ist das schon eine Lüge, denn er veröffentlichte es nur.
Geschrieben hatten es Mitarbeiter:innen seines Ministeriums. Während der Arbeitszeit, bezahlt von uns allen über unsere Steuern.
Die werden zwar im Buch alle mit Dank überhäuft, aber als Autor wird bis heute Armin Laschet angegeben. Darauf angesprochen druckste Laschet schon 2010 herum. Es sei üblich, dass die Mitarbeiter:innen für ihn Gutachten, Reden etc. schreiben.
Sicher ist das üblich, aber für Reden, die Laschet als Integrationsminister hielt, hat er sicher nicht privat als Armin Laschet ein Honorar erhalten. Ebenso für die Gutachten und andere Schriftstücke.
Hier hatte er aber das Buch unter seinem Namen veröffentlicht und offenbar 4000€ Honorar dafür erhalten. Er selber, nicht das Ministerium.
2015 deckte der SPIEGEL das auf und es stellte sich heraus, dass Laschet das Honorar – diese 4000€ – nach der ersten Kritik an seiner „Autorentätigkeit“ einem gemeinnützigen Verein gespendet hatte. Was er allerdings vergaß: Die Einnahmen vorher als Einnahmen zu deklarieren. Dadurch hatte er sein steuerpflichtiges Einkommen um 4000€ reduziert und sogar Steuern erstattet bekommen. Die Süddeutsche Zeitung schrieb 2015 dazu:
Rätselhaft bleibt, wieso Laschet die Steuerfrage nicht schon vor fünf Jahren klärte, als die ersten Anfragen zu seinem Buch kamen. Er hätte einfach eine neue Steuererklärung abgeben können, und die Sache wäre vom Tisch gewesen. Nun wird es eng für Laschet. Er hätte nie gedacht, dass da was schiefgelaufen sein könnte mit der Spende für das Buch, sagt Laschet nun. So oder so ähnlich wird die Verteidigungsstrategie laufen. In Düsseldorf gibt es immer weniger Leute, die ihm das glauben.
Das falsch verbuchte Buch von Armin Laschet, Süddeutsche Zeitung vom 17. Juni 2015
Bestenfalls hat der Jurist mit einem Staatsexamen Laschet nur fahrlässig gehandelt, was schon gegen ihn spräche. Wenn auch nur der Verdacht besteht, dass es sich um eine vorsätzliche Trickserei gehandelt habe, wäre Laschet als Politiker untragbar.
Dann war da die Sache mit den Klausuren. Es ist nicht unüblich, nebenberuflich an einer Hochschule zu lehren, wenn man einen geeigneten Abschluss hat. So lehrte Laschet an der RWTH Aachen Europarecht.
Im Jahr 2014 gab er das Blockseminar „Europa in der Berliner Politik“, die Teilnehmer:innen schrieben am Ende eine Klausur, die Laschet benoten sollte.
Doch die Noten kamen nicht. Die erste offizielle Stellungnahme, damals von der Geschäftsführerin der Master Europastudien an der RWTH: Die Klausuren seien offenbar auf dem Postweg von Armin Laschet zurück zur RWTH verschollen.
Eine gute Nachricht: Ihre Klausurnoten liegen mir vor. Ich konnte inzwischen auch feststellen, dass keine Note fehlt. Eine schlechte Nachricht: Die korrigierten Klausuren sind zurück auf dem Postweg an die RWTH verloren gegangen.
Laschet gibt Lehrauftrag nach Noten-Skandal auf, Die WELT vom 02.06.2015
Stellte sich raus: Die Noten waren von Laschet rekonstruiert worden. Es handelte sich also keineswegs um die Noten, die der Hochschullehrer nach Durchsicht der Klausuren vergeben hatte. Vielmehr hatte er die Noten freihändig vergeben, auf Basis seiner Notizen über die Mitarbeit der Student:innen im Seminar.
Da es keine verbindliche Liste der Teilnehmer:innen gab, hatte Laschet einem Studenten, eine Note erteilt, der die Klausur gar nicht geschrieben hatte, dafür einem, der die Klausur geschrieben hatte, keine Note gegeben.
Für Laschet war das alles ein heikles Thema. Aber warum? Dass auf dem Postweg sogar Einschreiben verloren gehen ist Alltag. Wäre es so gewesen, dass die Klausuren auf dem Weg von Düsseldorf nach Aachen verloren gegangen sind, wäre Laschet aus der Bredouille. Dass er keine Liste der einzelnen Noten hatte wäre ein lässlicher Fehler gewesen.
Ebenso, wenn er die Klausuren nicht hätte benoten können, weil sie nie bei ihm eingegangen sind.
Warum drückte er sich beispielsweise im oben verlinkten Artikel der WELT um eine klare Aussage? Könnte es sein, dass die Klausuren gar nicht auf dem Postwege verloren gegangen sind sondern im Büro Laschet und eigentlich nie korrigiert wurden? Ich kann ihm das nicht nachweisen, aber bei dem Selbstbewusstsein, mit dem er ansonsten auftritt, reagiert er auf den vorgeblichen Fehler der Post verdächtig dünnhäutig.
Das mit den Lügen und dem Tricksen geht weiter, auch jetzt im Wahlkampf.
Im Wahlprogramm der CDU steht im Bereich „Steuern“
Unternehmensbesteuerung wettbewerbsfähig gestalten
https://www.csu.de/common/download/Regierungsprogramm.pdf
Deutschland droht mit einer der höchsten Unternehmensbelastung der Welt zurückzufallen. Weltspitze bei der Steuerbelastung und Weltspitze bei der Wettbewerbsfähigkeit – das passt auf Dauer nicht zusammen
Die Unternehmenssteuern sollen daher auf 25% gedeckelt werden. Die Bundeszentrale für Politische Bildung ermittelte, dass die Unternehmensbesteuerung in Deutschland im Jahr 2018 bei 30% lag. Die Deckelung auf 25% wäre also eine Steuersenkung. Also rein mathematisch jedenfalls.
Zudem soll der Solidaritätszuschlag, den heute nur noch Spitzenverdiener zahlen, für alle abgeschafft werden. Da der „Soli“ mit der Steuer gezahlt wurde und auch im Abschnitt über „Steuern“ erwähnt wird, gilt er gemeinhin als Steuer, wenngleich er eigentlich eine andere Form der Abgabe ist.
Was sagte Laschet im Sommerinterview am 11.7. in der ARD bestand er darauf, dass es keine Steuererhöhungen geben würde, aber eben auch keine Steuersenkungen. Das irritiert, kennt er das eigene Wahlprogramm nicht? Oder will er die Entlastung der Wirtschaft und der Reichen vertuschen?
Auch hier gilt: Bestenfalls kennt er das eigene Wahlprogramm nicht, was ihn aber schon unwählbar machen würde. Schlimmstenfalls ist er unaufrichtig und lügt, was im Ergebnis auf das gleiche heraus liefe.
Ebenfalls im Sommerinterview fand Laschet die Beteiligung von Vermietern an der CO2-Preisen für das Heizen eine gute Idee. So hätten die Vermieter auch einen Anreiz, die eigenen Gebäude CO2 neutraler zu sanieren. Allerdings übersieht er, dass vor nicht ganz drei Wochen die CDU auf Bundesebene genau das Gegenteil durchgesetzt hat.
Ist das – auch hier – Inkompetenz oder eine vorsätzliche Lüge?
Überhaupt die Sache mit dem CO2. CO2 ist der Haupttreiber der Klimaerwärmung. Wir brauchen mehr CO2 neutral hergestellten Strom, viel mehr. Um Strom CO2 neutral herzustellen gibt es zwei bewährte Methoden: Windenergie oder Sonnenenergie.
In NRW hat Armin Laschet durchgesetzt, dass Windenergieanlagen („Windräder“) nur noch in mindestens 1000m Abstand von Siedlungen errichtet werden dürfen.
Das ist fatal: Eine Siedlung besteht nach der Definition aus der Regelung aus mindestens drei Wohnhäusern. Die alte Regelung sprach von 600m und war schon unbefriedigend, eine Reihe der deutschen Atomkraftwerke steht nur 300m von der nächsten Wohnbebauung entfernt, gleiches gilt für Gaskraftwerke oder ein Steinbrüche, in denen gesprengt wird. Für den Braunkohleabbau dürfen sogar ganze Orte enteignet werden.
Die 1000m-Regelung sorgt dafür, dass nicht nur faktisch keine neuen Windräder in NRW gebaut werden dürfen, sondern verhindert auch, dass gut die Hälfte aller in NRW bestehende Windparks erneuert und sukzessive mit moderneren, leistungsfähigeren Windrädern bestückt werden.
Zynisch klingt dabei seine Aussage, die er 2019 bei Anne Will von sich gegeben hat:
“Wir müssen besser darin werden, den jungen Menschen zu erklären, warum das mit dem Klimaschutz nicht so schnell geht“@ArminLaschet, Kanzerlkandidat, @CDU https://t.co/fARvwzQPoK
— David Grade (@gradewegs) June 30, 2021
Aber das passt zu seinem gesamten Umgang mit dem Thema „das plötzlich in aller Munde ist“, nachdem ja gerade eben erst, in den 1970ern, Hoimar v. Ditfurth in „Querschnitte“ die Klimaerwärmung vorgerechnet hatte.
Auch hier wird getarnt, getäuscht und getrickst – oder Laschet ist einfach grundlegend inkompetent.
Als aktuellster Bock, den er geschossen hat, ist das aktuelle Klimaschutzgesetz NRW Thema.
Das Bundesverfassungsgericht hatte aus den Grundrechten in unserer Verfassung heraus einen Anspruch der Bürger:innen abgeleitet, dass der Gesetzgeber funktionierenden Klimaschutz betreibt. Was, siehe oben, in NRW nicht der Fall ist.
Die am 1.7. beschlossene neue Version des Gesetzes hat der BUND schon im Vorfeld als verfassungswidrig abgelehnt:
Vor allem auch vor dem Hintergrund des Klima-Urteils des Bundesverfassungsgerichts werden laut BUND die gravierenden Defizite des Gesetzentwurfs deutlich. Für den Zeitpunkt ab 2030 trifft das Gesetz überhaupt keine Festlegungen. Dazu werden Klimaschutz-Maßnahmen wie der Ausbau der Erneuerbaren Energien oder der Braunkohlenausstieg nur vage oder gar nicht adressiert. „Armin Laschet will allein in den Tagebauen Garzweiler und Hambach bis 2038 noch über 750 Millionen Tonnen des Klimakillers Braunkohle fördern lassen. Paris-kompatibel wären maximal 280 Millionen Tonnen“, kritisiert Jansen. „Die erst jüngst von der Landesregierung beschlossene Leitentscheidung zur Braunkohlenpolitik muss grundsätzlich revidiert werden. Noch vor 2030 müssen wir raus aus der Braunkohle.“
Stellungnahme des BUND
Und das ist Laschet klar: Sein Gesetz verstößt gegen das Grundgesetz. Weshalb er – mit juristischen Taschenspielertricks – versucht, Klagen zu verhindern.
So findet sich folgender Satz im Gesetz:
„Subjektive Rechte oder klagbare Rechtspositionen werden durch oder auf Grund dieses Gesetzes nicht begründet“
Juristisch kann man sagen: Netter Versuch. Das NRW-Gesetz kann aber weder das Grundgesetz und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufheben.
Auch hier die Frage: Trickserei oder Inkompetenz?
Laschet ist Jurist.
Offenbar ist es Trickserei.
[…] hatte in Teil 1, „Tricksen, Täuschen, Lügen„, einige Fälle aufgeführt, bei denen Armin höchstwahrscheinlich unaufrichtig […]
[…] Berater der Präsidentin des Deutschen Bundestages„. Und das ist, mal wieder, nur die halbe […]