Wir wollen alles* technologieoffen gestalten, damit kluge Deutsche Ingenieure unsere Probleme so lösen, dass wir unsere Leben an ungefähr nichts anpassen müssen.

*) Pandemien, den Klimawandel, all solche Sachen

Dabei scheitern wir schon an der Digitalisierung.

Ich bin Kassenwart eines kleinen Tierschutzvereins. Wir müssen, um gemeinnützig zu bleiben, alle drei Jahre eine Körperschaftssteuererklärung abgeben.

Früher habe ich das entsprechende Formular mit dem letzten Steuerbescheid zugeschickt bekommen. Wir hatten extra ein Postfach beim Postamt eingerichtet, damit die Post nicht bei einem Mitglied hängen bleibt und nicht irgendwelche Fundtiere bei unserer amtlichen Adresse über den Zaun geworfen werden (ja, solche Leute gibt es).

Irgendwann blieben die Vordrucke aus und ich hab das Formular als PDF heruntergeladen, ausgefüllt, ausgedruckt und abgeschickt, zusammen mit den ebenfalls erforderlichen Tätigkeitsberichten und buchhalterischen Unterlagen.

Ca. 2006 oder 2007 änderte sich einiges im Postamt (würde den Rahmen hier sprengen) und es war keinem von uns mehr möglich, das Postfach zu erreichen. Es war nämlich nur noch während er Öffnungszeiten der Postagentur zugänglich war, die sich dummerweise mit den handelsüblichen Arbeitszeiten eines Vollzeitbeschäftigten deckten. Ich kündigte das Postfach und informierte das Finanzamt.

Ich schickte auch die nächste Körperschaftssteuererklärung mit meiner Adresse als Absender ab und bekam eine Rückfrage der Sachbearbeiterin an diese Anschrift. Doch der Steuerbescheid blieb 2011 aus. Nach einem Jahr fragte ich nach. War wohl in der Post hängen geblieben, also löste man einen erneuten Versand aus. Doch auch der kam nicht an.

Ich rief wieder an. „Ja,“ hörte ich, „Ihre Post kommt mit ‚Empfänger unbekannt‘ zurück, steht im Computer“. An welche Adresse ging sie? Das könne man nicht sehen. Also erhielt ich eine Nummer bei der zentralen Finanzverwaltung des Landes, um nach der Adresse zu fragen, denn die Bescheide werden zentral aufbereitet und versandt.

Man kann es sich schon denken: Die geänderte Adresse war dort nie angekommen, alle Bescheide gingen noch an das Postfach und kamen daher zurück. Auf ein Fax von mir hin wurde auch dort die richtige Adresse eingetragen.

So ging es viele Jahre, bis 2020 die Erklärung für die Jahre 2017-2019 fällig wurde. Endlich (dachte ich) läuft auch das digital per Elster. Moment – nein, nicht auch, sondern ab sofort zwingend. Papiervordrucke sind OVER.

Für die Online-Abgabe brauchte ich ein Elster-Zertifikat, legte also einen Benutzerzugang bei Elster Online an, der mit einer Mailadresse auf der Vereinsdomain verknüpft war. Hatte ich für die Einkommenssteuer längst gemacht.

Doch leider kam das Schreiben mit den Daten, die zum Erhalt des Zertifikats erforderlich sind, nicht bei mir an. Ich rief das Finanzamt an. Nein, meine Adresse sei im Computer an allen Stellen, wo man sie sehen kann, korrekt. Keine Spur vom Postfach.

Langsam telefonierte ich mich in der Behördenhierarchie hoch und als ich dann nach (ungelogen) Wochen jemanden am Telefon hatte, der die zu unserer Steuernummer bei Elser hinterlegten Daten einsehen konnte, fand er dort was?

Richtig: Das seit 13 Jahren nicht mehr existierende Postfach.

So dauerte es lediglich 9 Monate, bis ich das Elster-Zertifikat vorliegen hatte und die Steuererklärung abgeben konnte. Das war relativ einfach, da die Eingaben analog zum Steuerformular aufgebaut sind, von dem ich eines aus einem Vorjahr hier liegen habe.

„Jetzt müsste ich die Anlagen hochladen und bin fertig“, stellte ich fest.

Bloß: Es gibt keine Uploadmöglichkeit.

Zur Körperschaftssteuererklärung gehören diese Anlagen zwingend, ich kann die Erklärung nur noch per Elster Online abgeben, aber eine Möglichkeit zum Beifügen der Anlagen habe ich dort nicht. Wieder gab es E-Mails und Telefonate, aber niemand konnte helfen oder mir sagen, wie der Workflow ist, wie ich das Problem löse.

Es war inzwischen Mai 2021 und damit war die Frist zur Abgabe der Erklärung ein Jahr überzogen. Also loggte ich mich bei Elster ein und – stellte fest, dass die fertige aber nicht abgegebene Steuererklärung inzwischen gelöscht war. Ich gab alles erneut ein und schickte den virtuellen Bogen ohne Anlagen ab.

Gestern, 13 Monate nach Abgabe der Erklärung, kam ein Brief des Finanzamtes mit der Aufforderung, umgehend die fehlenden Unterlagen per Post oder Mail einzureichen.

„Aha“, dachte ich, und rief die Sachbearbeiterin an. Die seit einiger Zeit jede Woche einen Haufen derartiger Briefe verschickt, weil eben bei den meisten Vereinen die Anlagen zur Steuererklärung fehlten. Ihr war auch völlig bewusst, woran das lag.

Ich erfuhr aber, dass Ende 2021 endlich eine Uploadfunktion für die Anlagen bei Elster eingerichtet worden sein soll. Also nach ihren Informationen jedenfalls. Ob das wirklich so ist und ob die Anlagen brauchbar ankommen wusste die Sachbearbeiterin aber noch nicht, da sie halt mit dem Abarbeiten der Erklärungen erst im Mai 2021 angelangt war.

Ok. Sie hatte alle Unterlagen digital vorliegen, was ich sehr fortschrittlich finde. Ich fragte, ob ich die Anlagen einfach per Mail nachreichen könne und welche Adresse ich nehmen solle.

„Wir haben da eine zentrale Adresse, aber ich sag es Ihnen ungerne, die wird nicht bei uns verwaltet. Was da eingeht wird ausgedruckt und uns zugeleitet, dann macht unsere Poststelle einen Eingangsstempel drauf und scannt es für die elektronische Akte.“

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