Ende der 80er wurde ich Kunde der Commerzbank. Die Gründe waren vielfältig. Einer davon: Die Bank für Gemeinwirtschaft (BfG), deren Kunde ich damals war, war aufgekauft worden und verwandelte sich im Zeitraffer von einer netten, gewerkschaftseigenen Privatkundenbank in eine Gelddruckmaschine für den Käufer.

Bei der Commerzbank war es damals hingegen noch recht kuschlig. Ich eröffnete ein Konto bei der Zweigstelle am Stadtrand von Düsseldorf, wo ich noch bei meinen Eltern wohnte. Das Bisschen, was ich damals an Bankgeschäften hatte, wechselte komplett lautlos dorthin.

Ab ca. 1989 konnte ich einige Jahre sogar Onlinebanking machen, über den Gratiszugang von BTX und eine freie BTX-Software für meinen PC. Was irgendwann nicht mehr ging, weil BTX was geändert hatte.

Was ärgerlich war: Mein Konto wurde am Stadtrand geführt, ich wohnte inzwischen aber in der City. Es wäre sinnvoll gewesen, das Konto zur Zweigstelle Altstadt 200m von meinem Büro entfernt umziehen zu lassen, aber obwohl es derselbe Ort mit derselben Bankfiliale und derselben Bankleitzahl war, hätte ich eine neue Kontonummer bekommen. Was halt Aufwand bedeutet.

Ich warf Überweisungsträger also in der büronahen Zweigstelle in die Box, die dort auf der Theke stand, zog Kontoauszüge dort aus dem Automaten und holte dort Geld ab. Lediglich für die eher seltenen Kundengespräche musste ich an den Stadtrand fahren. Alles war gut.

Dann ließ so ca. 1993 die Qualität der Bank nach. Mehrere Überweisungen, die ich in der Altstadt eingeworfen hatte, wurden nicht ausgeführt. Als ich deshalb von einer Mitarbeiterin der Altstadt-Zweigstelle mal einen Stempel auf der Durchschrift eines Überweisungsträgers haben wollte, mauerte diese.

Der Stempel sei ja gar keine Bestätigung, dass die Zahlung erfolgt sei.

Ist mir klar, sagte ich, ich will nur eine Bestätigung, dass der Auftrag bei der Bank eingegangen ist, weil schon mehrere verschollen sind.

Um nicht noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen bekam ich den Stempel nach einer kurzen Diskussion.

Ratet.

Genau, auch diese Überweisung wurde nicht ausgeführt.

Rückfrage bei meiner Zweigstelle. Antwort: Ich solle mal in der Altstadt nachfragen, der Auftrag sei nie angekommen, der müsse noch da liegen.

Rückfrage in der Altstadt. Ich solle meine Zweitstelle anrufen, warum der Auftrag nicht ausgeführt worden sei.

Alter!

Es gab mehrere Banken, deren Kontoführungsgebühren deutlich günstiger waren als die der Commerzbank, und dass eine andere Bank noch schlechter arbeitet konnte ich mir nicht vorstellen.

Also wechselte ich 1994 mit allen Konten zu einer Genossenschaftsbank.

Alle Konten? Nein, ein bestimmtes Konto hätte zu viel Aufwand bedeutet.

Die Mietkaution war auf einem separaten, offiziell verpfändeten Sparbuch hinterlegt, das sich im Safe des Vermieters befand. Die Zinsen von alter und neuer Bank waren gleich, auf einem Sparbuch finden keine laufenden Geschäfte statt, die Probleme machen können, Gebühren kostet es auch nicht. Was sollte schon passieren?

Das erfuhr ich keine vier Wochen später.

Ich hatte einen offenen Widerspruch gegen einen Steuerbescheid. Ich weiß nicht mehr, worum es ging, aber es hing von einem laufenden Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht ab. Das jetzt entschieden worden war. Aus zwei Jahren erhielt ich eine nachträgliche Steuererstattung von fast 50 Mark, wie mir der Bescheid sagte.

Doch das Geld kam bei der Genossenschaftsbank nicht an. Ich rief das Finanzamt an.

Ergebnis: Die Kontenänderung hatte ich einen Tag zu spät abgeschickt, das Geld sei noch auf das Commerzbankkonto gegangen. Eigentlich hätte die Buchung aber von der Commerzbank längst zurückgegeben werden müssen, ich solle mal nachfragen, da scheint was schief gelaufen zu sein.

Ich rief die Commerzbank an. Nein, das Girokonto sei ja gekündigt, das Geld könne daher gar nicht eingegangen sein. Das Finanzamt solle mal eine Nachforschung machen lassen.

So geschah es.

Stellt sich raus: Das Geld ging bei der Commerzbank ein, meine Konto- und Kundennummer war ja wegen des Sparbuchs noch im Computer aktiv, man nahm das Geld an und packte es kurzerhand auf das verpfändete Sparbuch.

Ok. Ich fuhr an den Stadtrand zur Zweigstelle, in der mein Konto geführt wurde (meine Eltern waren längst aus Düsseldorf fortgezogen, ich fuhr tatsächlich nach der Arbeit mit der Bahn quer durch die Stadt, nur wegen dieser 50 Mark). Ich sprach mit einem mir noch unbekannten Mitarbeiter an der Servicetheke und es dauerte nur sieben oder acht Minuten, bis sich der Filialleiter einschaltete.

Die Commerzbank hatte einen Fehler gemacht, denn das Geld wurde auf ein Girokonto überwiesen, das nicht mehr existierte. Direkte Überweisungen auf Sparbücher waren damals offiziell nur vom eigenen Girokonto aus möglich. Ein eigenmächtiges Umbuchen vom nicht mehr existierenden Girokonto auf ein verpfändetes Sparkonto war daher auf mehreren Ebenen schlicht nicht korrekt. Das Geld hätte zum Finanzamt zurückgehen müssen.

Soweit bestand Konsens.

Dass es nun auf einem in Höhe der Mietkaution verpfändeten Konto liegt ist blöde, aber nicht mein Problem.

„Kommen Sie einfach mal mit dem Sparbuch vorbei, dann können Sie es abheben.“, meinte der Filialleiter.

„Das Sparbuch liegt in Neuss im Safe des Vermieters. Der Fehler, durch den das Geld dort gelandet ist, liegt bei Ihnen. Sie erwarten jetzt von mir, dem Vermieter zu erklären, dass ich wegen Ihres Fehlers das Sparbuch brauche, dann nach Neuss zu fahren, nochmal mit dem Sparbuch bei Ihnen vorbei zu kommen, und das Sparbuch dann wieder nach Neuss zu bringen? Warum sind Sie nicht in der Lage, diese Fehlbuchung selber zu korrigieren?“

Warum das nicht ging weiß ich bis heute nicht. „Kommen Sie mal mit dem Sparbuch vorbei, dann können Sie es abheben.“ war die Antwort.

Wow.

Die 50 Mark waren nicht kriegsentscheidend, auf dem Konto bekamen sie zudem Zinsen, was sollte passieren?

Das erfuhr ich 1997. Nein, genau genommen passierte es nur 1997.

Ich zog um, das Sparbuch, das der Vermieter mir zurück gegeben hatte, wurde aufgelöst, die Commerzbank bin ich los.

Dachte ich. Im Umzugstrubel fiel mir allerdings nicht auf, was genau passiert ist. Das würde noch 19 Jahre dauern.

2016 stellte ich über ein einschlägiges Portal mal eine Datenschutzanfrage bei der Commerzbank. Aus Neugier.

Auskunft: Ich habe dort noch ein Sparbuch mit fast 25€ Guthaben.

Tatsächlich hatte man 1997 nicht, wie ausdrücklich beauftragt, das Sparbuch aufgelöst, sondern mir vom Sparbuch lediglich die verpfändete Summe und alle aufgelaufenen Zinsen auf mein aktuelles Konto überwiesen. Warum mir die verbliebenen 50 Mark nicht auch ausgezahlt wurden, ist ein weiteres unerklärliches Rätsel im Zusammenhang mit dieser Bank.

Also ging ich in die Filiale in der Neusser City (wo ich inzwischen arbeitete) und fragte, wie ich das Geld bekommen und das Konto und alle Geschäftsbeziehungen kündigen könne. Ich erhielt nach Vorlage meines Ausweises ein paar Blätter zum Unterschreiben, aus denen hervor ging, dass ich alles kündige. Ich unterschrieb, erhielt das Geld. Alles gut.

Oder?

Dezember 2022.

Das Beratungscenter Privatkunden III der Commerzbank schreibt mir einen Brief.

„Informationsbogen für den Einleger. Bitte nicht unterschreiben und nicht zurücksenden.“

Es geht um Einlagensicherungsfonds und die zwei Banken, bei denen ich derzeit Konten habe (die Genossenschaft und ein Finanzstartup) haben mir auch schon sowas zukommen lassen. Was eigentlich nur für Kunden mit Geldeinlage dort relevant ist.

Ich dachte nun schon mehrfach, alles getan zu haben, um kein Kunde mehr zu sein. Selbst meine alte Kontonummer hab ich inzwischen erfolgreich verdrängt und natürlich habe ich auch keinen Onlinebanking-Zugang.

Um das aufzuklären müsste ich ernsthaft in eine Filiale der Commerzbank.

Ich mag nicht mehr.

[Update 30.1.2023]

Ich habe eine Datenauskunft verlangt und – juhu! – sogar eine umfassende und überraschend zufriedenstellende Antwort erhalten.

Aber.

Die erste Adresse nach dem Auszug 1997 aus der Wohnung in Düsseldorf haben sie richtig in ihren Unterlagen vermerkt. Obwohl ich sie ihnen nie mitgeteilt hatte, da ich ja dachte, alles sei gekündigt und Geschichte.

Allerdings bin ich nach Ansicht der Commerzbank auch erst am 1.1.2008 dorthin gezogen und nicht im Mai 1997. 2008 habe ich dort schon lange nicht mehr gewohnt, war auch ordentlich umgemeldet. Woher kam die Info? Glaskugel? Wurmloch?

Danach bin ich zuerst (tatsächlich) in die Eichenstr. 20 und dann 2006 (durch den Kauf auch dieser Haushälfte bedingt) in die Eichenstr. 22 gezogen. Die Ummeldung war zunächst wegen irgendwelcher Fördermittel erforderlich.

Laut Commerzbank zog ich aber erst 14.1.2014 in den „Eichenweg 22“. Eichenweg, Eichenstraße, wollen wir mal nicht so pingelig sein, immerhin stimmte Hausnummer. Wobei auch hier die Frage ist: Wie – und warum zu diesem Zeitpunkt – hat die Commerzbank das erfahren? Das vergessene Sparbuch hatte ich ja erst Anfang 2016 „geplündert“, für 2015 wurde mir noch 1ct Zinsen gezahlt.

Diese wilde Adresse taucht in dieser Liste dann sogar zweimal auf, danach dann meine wirkliche aktuelle Wohnanschrift, und an allen drei Orten wohne ich „bis auf weiteres“. Aha…?

Dann hatte ich nach diesen Unterlagen bis 2015 einen Freistellungsauftrag von 145€ bei der Commerzbank. Ich dachte ja eigentlich, der hätte sich 1997 erledigt, aber da die Kündigung des letzten Kontos ja offenbar eben nicht durchgeführt wurde, war dem nicht so. Trotzdem hatte ich seit spätestens 1998 den *gesamten* Freistellungsauftrag auf meine Hausbank und die anderen Sparinstitute verteilt – und den verfügbaren Betrag auf diese Weise eben um 145€ überschritten.

Normalerweise hätten die Finanzbehörden das in den 19 Jahren merken müssen, haben sie in meinem Fall aber nicht. Augenscheinlich nicht. Zum Glück. Warum der Freistellungsauftrag nach dem Abheben der ca. 50€ im Jahr 2016 dann so sang- und klanglos verschwunden ist? Keine Ahnung. Ich wollte ja eigentlich auch damals „alles“ kündigen und nicht nur Geld abheben. Und „Alles“ bedeutet für mich die gesamten Verträge, nicht nur den Freistellungsauftrag.

Ich werde jetzt das auf dieser Seite verlinkte Kündigungsformular per Einwurfeinschreiben an die Zentrale der Bank schicken und für 2024 eine weitere Datenauskunft vormerken.

[Update 16.3.2023]

Die Kündigung schickte ich als Einwurfeinschreiben ab, laut Tracking der Post wurde sie am 3.2.2023 „auf Wunsch des Empfängers nachgesandt bzw. an eine abweichende Anschrift weitergeleitet“. Obwohl eigentlich nach Frakfurt adressiert, wurde sie am 4.2. in Erfurt zugestellt.

Dann passierte nichts. Bis Ende Februar Post kam von der Commerzbank.

Eine Sparurkunde über ein Sparbuch mit 0 € Guthaben und der Bitte, dies zu prüfen und mich bei Fehlern zu melden.

„Möglicherweise hat sich der Versand der Urkunde mit der Kündigung überschnitten“, dachte ich. Und wartete auf eine Kündigungsbestätigung.

Es kam keine.

Gestern, am 15.3., rief ich die Kundenhotline an. Mehrfach. Wartezeiten zwischen 20 und 60 Minuten, dazwischen immer wieder der Hinweis, dass ich über die Online-Banking-App schneller eine Gespräcspartner:in erreichen könnte. Mein Onlinebanking bei der Commerzbank endete 1997.

Beim ichweißnichtwievielten Anlauf rief ich die Rufnummer aus dem Impressum an und erreichte die Zentrale, wo an mir nicht helfen konnte, da das nur die Kundenhotline kann. Ich fragt, ob es nicht eine Eskalationsstufe gäbe, ein Qualitätsmanagement oder sowas. Daraufhin erhielt ich die Rufnummer des QM der Commerzbank.

Ich rief dort an und schilderte mein Problem und dass ich, bevor ich das Thema wirklich eskalieren lasse, wenigstens eine Kündigungsbestätigung für die Konten haben möchte. Schließlich hatte ich, glaubend, alle Konten seien gekündigt, seit 1997 meine Freistellungsaufträge in der Summe überschritten, was mir rechtlichen Ärger hätte bereiten können, und wollte nun reinen Tisch haben und eine verbindliche Aussage, dass wir nunmehr getrennte Wege gingen.

Die Dame am anderen Ende fand keine Konten.

Sie würde die Sache an den Datenschutz weiterleiten, um zu klären, was da los sei.

Kategorien: Allgemein

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1 Jahr zuvor

Hallo, zum Thema comdirect/Commerzbank habe ich auch einen Beitrag veröffentlicht. Evtl. Interessiert dich https://andre-heise.de/commerzbank-verargert-privatkunden/

Elsa L'Vadore
1 Jahr zuvor

Oha, da kommt wohl noch was auf uns zu. Ein fast vergessenes Sparbuch und ein geerbtes Girokonto (Vater verstorben, Alleinerbe, aber kein Testament) haben wir bei dieser Bank, beides kann angeblich nur in der Filiale aufgelöst werden. Die nächste Filiale ist ca. 40km entfernt und hat nur rudimentäre Öffnungszeiten.

1 Jahr zuvor
Reply to  Elsa L'Vadore

ich habe selbst ein Sparbuch mit 1,06 € Bestand, das seit Jahren ohne weitere Nachweise nicht auflösbar ist. Jedenfalls nicht ohne Kosten.