Crosspost aus dem Techniktagebuch

Wir müssen in Franken etwas erledigen, und da wir früh da sein müssen, fahren wir am Vorabend los und übernachten ca. 100 km vor unserem Ziel in einem Hotel an einem Rastplatz.

Da unser Hyundai Kona nur 39 kWh an Strom tanken kann und wir bei normaler Fahrt (also nicht reine Autobahn und schon gar nicht eine Berg- und Talstrecke wie in Franken) knapp unter 13 kWh pro 100 km liegen, kommen wir bei dieser Fahrt auf reale 270–280 km Reichweite. Nach rund 200 km sucht meine Frau auf dem Navi eine auf der Strecke liegende Schnellladestation heraus. Diese befindet sich auf einem Rastplatz und gegen 20 Uhr kommen wir dort an.

Ladestationen an Autobahnen sind in den meisten Fällen Parkplätze, an denen die massigen Schnelllader aufgebaut sind. In diesem Fall standen die Schnelllader zwischen den Parkplätzen, und alle vier waren belegt.

Als wir am Reisebus vorbeifuhren, der vor den Ladestationen halb auf einigen freien normalen Parkplätzen stand, sprach der Busfahrer uns an. Vor uns sei der Tesla an der Reihe, der gegenüber den Ladestationen parkt, er selber müsse seinen Bus auch laden und würde die erste, ganz rechte Ladesäule dafür ca. 1 Stunde nutzen, wenn sie frei wird. Andere Säulen kann er nicht nutzen, weil er dann alle Ladeplätze blockieren würde. Der Bus war tatsächlich von ebusco, einer Firma, die E-Busse betreibt.

Der Tesla übernahm den Platz eines VW ID4, als dieser fertig geladen hatte, ein Hyundai Ionic fuhr kurz darauf auch fort und wir nahmen dessen Ladesäule. Als ich gerade den Ladevorgang gestartet hatte, konnte der Bus auch an seine Ladesäule – und diese stürzte nach dem Start des Ladevorgangs ab und reagierte nicht mehr.

Als wir von der Toilette zurück kamen, telefonierte der Busfahrer gerade mit dem Säulenbetreiber.

Das mit den Ladesäulen funktioniert in Deutschland so:

Die Ladesäulen werden von Firmen betrieben, mit denen ich einen Vertrag abschließe, um sie zu nutzen. Erst seit 2023 gebaute Ladesäulen müssen zwingend auch per Bank- oder Kreditkarte bezahlbar sein.

Es gibt Verträge mit Grundgebühr und Gebühren für den Ladevorgang, mit pauschalen monatlichen Gebühren oder ohne monatliche Zahlung nur auf Basis des Verbrauchs. Zu den Verträgen gehört meist eine Chipkarte oder ein Chipanhänger für den Schlüsselbund, um die Ladesäulen freizuschalten.

Die meisten der Verträge unterstützen bei Reisen auch Roaming, also die Nutzung von Ladesäulen anderer Betreiber. Aber die Preise sind mitunter nicht vorhersehbar.

Wir haben zwei solche Chips, einen von den örtlichen Stadtwerken, den NEW, und einen von EnBW, der nach den Berichten in den Foren die wenigsten Zicken beim Roaming macht.

Zu beiden gehören Apps, in denen man die jeweiligen Preise an den Ladestationen ablesen kann, ob diese gerade belegt sind und einiges mehr. Die heimischen Ladestationen kosten über den NEW-Vertrag aktuell 45 ct pro kWh bei bis zu 22 kW. 65 ct pro kWh zuzüglich einer Blockiergebühr von 12 ct pro Minute nach Abschluss des Ladevorgangs will EnBW an denselben Säulen haben.

Die Schnelllader an Autobahnen, die bis 240 kW Ladeleistung haben (unser Wagen kann bis zu 50 kW nutzen), sind in der Regel teurer.

An manchen Autobahnraststätten sind auch Ladestationen mehrerer verschiedener Anbieter, die bei demselben Roaminganbieter verschiedene Preise haben. Manche Säulen, besonders oft die des spöttisch “E.off” genannten Anbieters, sind mitunter nicht aktiv oder reagieren nicht oder sind nicht mehr geeicht und funktionieren trotzdem, was ein Glücksfall ist, weil sie dann nicht abgerechnet werden dürfen.

Dass die meisten Ladestationen umfunktionierte Parkplätze sind, ist suboptimal. Es gibt keine Warteschlangen, man muss sich verständigen, wer als nächstes dran ist, und dass ein bestimmter Typus des homo sapiens dieselnasensis sich gelegentlich mit seinem Verbrennerfahrzeug vor dem E-Auto auf den Ladeplatz stellt, dort natürlich nicht lädt und über Beschwerden nur lacht, wird in den Foren auch schon mal berichtet.

Einzelne neu gebaute Ladestationen sind hingegen groß wie eine Tankstelle und ähnlich gestaltet. Jede Ladesäule kann zwei Fahrzeuge gleichzeitig laden, die Fahrzeuge stehen links und rechts parallel neben der Ladesäule und es gibt ein Dach aus Solarzellen darüber, das vor Regen schützt. Außerdem gibt es meist einen Fahrstreifen, auf dem sich eine Warteschlange bilden kann.

“Die Dächer sind für meinen Bus aber meistens zu niedrig”, meinte der Busfahrer, als wir darüber sprachen. Unser Auto war auf 80% geladen und wir fuhren weiter. Der Busfahrer wartete zum wiederholten Mal auf einen Rückruf vom Ladesäulenbetreiber.

Das Hotel am Rastplatz Spessart Süd erreichten wir mit 55 km Restreichweite.

Heute früh suchte ich in den einschlägigen Apps die Ladestationen, mit denen auf einer bekannten Buchungs-Website für E-Auto-Fahrer:innen geworben wurde. “280 m entfernt” stand da. Ich fand sie jenseits der Autobahn auf dem Rastplatz der anderen Fahrtrichtung.

Die diversen Navi-Apps kamen auf rund 35 km Fahrtstrecke dorthin – einmal die Autobahn von unserem Rastplatz aus zur nächsten Ausfahrt fahren, dort in Gegenrichtung auffahren und zurück.

Die Dame an der Rezeption sprach davon, dass man auch vom Rastplatz auf die Landstraße käme, unter der Autobahn auf die andere Seite fahren und dort zum Rasthaus der Gegenrichtung gelangen könne und von dort “irgendwie auch auf den Rastplatz”.

Das hatte ich auf den Satellitenbildern von Google Maps auch schon gesehen, aber es sah so aus, als ob die Straße auf der falschen Seite des Rasthauses endete. Den Rastplatz selber schien man mit dem Auto nur über die Terrasse des Rasthauses erreichen zu können, was ich nicht versuchen wollte.

Inzwischen hatte ich einen Tesla Supercharger in Weibersbrunn in der Tesla-App gefunden. 3,5 km Luftlinie, 7 km über die Straße.

Tesla hat die meisten Supercharger inzwischen für alle Marken freigegeben, und wenn man sie nutzen will, braucht man keinen Chip, sondern lediglich die Tesla-App und eine Kreditkarte, die dort hinterlegt wird. Man stellt sich an die Ladesäule, stöpselt das Auto ein und sagt der App, an welcher Säule man jetzt laden will. Tesla bucht zumindest bei Debitkarten zu Beginn des Ladevorgangs 25 € ab und erstattet den nicht verbrauchten Betrag unmittelbar nach dem Laden.

Allerdings hat Tesla die Ladebuchsen bei den Autos immer hinten über dem Kotflügel links. Die Supercharger sind auch Parkplätze, an deren Kopfende rechts die stylische Ladesäle steht. Fährt man einen Tesla rückwärts auf den Platz, reicht das Ladekabel der Säule exakt, die Ladebuchse befindet sich ja direkt neben der Säule.

Unser Hyundai hat die Ladebuchse aber vorne links. Ich musste ihn also wieder schräg und sehr nah an der Säule abstellen. Außerdem scheinen der Hyundai und die Supercharger sich nicht zu 100% zu verstehen, der Ladestrom ging nicht über 36 kW hinaus.

Kategorien: Allgemein

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[…] dachte ich, dass sich die Erlebnisse auf der Fahrt nach Franken im Mai nicht steigern […]

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